Beispiele

Mediation

„Elterliche Kindesentführung über Genzen hinweg“
Ein deutsch-amerikanisches Paar lebt in den USA mit zwei Kindern, drei und fünf Jahre alt. Es steckt in einer Ehekrise. Die Situation hat sich seit der Geburt des zweiten Kindes verschlechtert. Sie haben eine Eheberatung aufgesucht aber es fanden nur wenige Sitzungen statt, die keine wesentliche Verbesserung brachten. Vor kurzem sind sie von Boston nach Houston gezogen, wo der Ehemann eine neue, spannende und anspruchsvolle Stelle angetreten ist. Die Ehefrau, die zurzeit nicht arbeitet, fühlt sich aber noch isolierter als in Boston. Eigentlich hatten die beiden vor, wieder nach Europa statt innerhalb der USA umzuziehen aber der Plan ging nicht auf.
Die Familie verbringt die Osterferien in Deutschland. Der Vater fliegt 10 Tage vor der Mutter und den Kindern nach Houston zurück. Am Vorabend ihres geplanten Rückflugs teilt die Mutter dem Vater telefonisch mit, dass sie sich entschlossen hat, mit den Kindern in Deutschland zu bleiben. Der Vater ist sehr aufgebracht und droht mit einer Klage nach der 1980 Haager Konvention zur Kindesentführung. Die Mutter macht sich nun ihrerseits große Sorgen und setzt sich mit MiKK, dem International Mediation Centre for Family Conflict and Child Abduction in Berlin, in Verbindung. Die Eltern erklären sich bereit zur Mediation mit einer US-stämmigen psychosozialen Mediatorin und einem deutschen Anwalt/Mediator. Dabei kommen folgende Themen zur Sprache: die Zukunft der Ehe, die Arbeitssituation beider Eltern, der gewöhnliche Aufenthaltsort der Kinder, bilinguale und bikulturelle Erziehung, Urlaub und Feiertage in den USA und Deutschland, Kommunikation zwischen den Eltern, finanzielle Angelegenheiten und Kontakt mit dem nichtanwesenden Elternteil. In fünf Mediationssitzungen über die nächsten 10 Tage erleben Mutter und Vater mehrere emotionale Aufs und Abs. Am Ende schaffen sie es, sich über die wichtigsten Punkte zu einigen, die in einem Memorandum of Understanding (MoU) zusammengefasst werden:

  • Mutter und Kinder kehren bis zum 15. April nach Houston zurück
  • Ein deutsches Au Pair wird engagiert, damit die Mutter Teilzeit arbeiten kann und die Kinder konstanten Kontakt mit der deutschen Sprache und Kultur haben
  • Die Familie verbringt jeden Sommerurlaub und jedes zweite Jahr Weihnachten in Deutschland. Zusätzlich fliegt die Mutter einmal im Jahr nach Hause, um Familie und Freund*innen zu besuchen und nimmt das Kind bzw. die Kinder mit, die noch nicht schulpflichtig sind
  • Wenn die Familie nicht zusammen ist gibt es täglichen Kontakt via Zoom oder WhatsApp zwischen den Eltern sowie zwischen dem Kind und dem nichtanwesenden Elternteil
  • Das Paar begibt sich wieder in eine Eheberatung, um an den Beziehungsproblemen zu arbeiten
  • In drei Jahren ziehen die Eltern wieder einen Umzug nach Deutschland oder in ein anderes europäisches Land in Betracht – auch wenn das bedeuten würde, dass die Familie eine Zeit lang nicht zusammenlebt.

Das MoU wird von den Anwält*innen der Eltern geprüft und in beiden Ländern rechtlich verbindlich registriert.

„Krise in der Zusammenarbeit“
Die drei Inhaber*innen einer GbR, die seit sechs Jahren als gleichberechtigte Partner*innen eine Grafikdesignfirma betreiben, erleben immer mehr Streit und Stress im Arbeitsalltag. Das dazu führt, dass sie den Kontakt miteinander vermeiden, was die Zusammenarbeit zusätzlich erschwert. In der Mediation stellt sich heraus, dass die Hauptkonfliktlinie zwischen der Gründerin und den anderen beiden verläuft. Die Gründerin entscheidet sich auszusteigen, die anderen wollen die Firma weiter betreiben. In der dritten und letzten Mediationssitzung einigen sich die Parteien auf den Zeitpunkt der Trennung, Kommunikation nach außen, Absprachen und Nutzung des Büros in der Übergangszeit, Aufteilung der eingehenden Aufträge, Abwicklung der GbR, Aufteilung der Einkünfte und Schuldentilgung. Die in der Mediation erarbeitete Vereinbarung lassen die Gesellschafter*innen anwaltlich prüfen, um die rechtliche Verbindlichkeit zu gewährleisten.

Training

„Training in International Family Mediation”
Die belgische NGO Child Focus führt in Kooperation mit MiKK e.V. und der niederländischen NGO International Child Abduction Centre ein EU-Projekt durch, bei dem ich mit Kolleg*innen das Konzept entwickelte und als Lead Trainerin agierte. Nach der Konzeptentwicklungsphase wird ein zweiwöchiges Pilottraining in internationaler Familienmediation mit 12 Familienmediator*innen aus 12 EU- Ländern und später ein dreiwöchiges Training for Trainers (ToT) mit 46 Familienmediationstrainer*innen aus 23 Ländern durchgeführt. Im Anschluss an das ToT treffen sich die Teilnehmenden beider Kurse und gründen ein Cross-Border Family Mediators Network. Seit nunmehr 11 Jahren finden jährlich Einführungskurse, Weiterbilduingen, Supervision und Netzwerktreffen statt. Das Training wurde inzwischen in zahlreichen Ländern durchgeführt, darunter Deutschland, Polen, der Ukraine, Kosovo, Australien, Singapur und Japan.

Beratung

Im Rahmen eines mehrjährigen Kooperationsprojekts zwischen zwei zivilgesellschaftlichen Organisationen in Deutschland und Portugal entwickeln sich immer mehr Spannungen. Vor allem geht es um Fragen der Zusammenarbeit, Verantwortung und Verbindlichkeit. Bei einem Projekttreffen bricht der Konflikt aus: Einige Beteilige schreien sich an, andere verlassen den Raum. Die Koordinatoren schlagen einen Teambuildingprozess mit externen Berater*innen vor. Im Laufe dieses Prozesses finden Interviews, Kleingruppentreffen und Plenumssitzungen statt. Der Konflikt wird analysiert und die Beteiligten erkennen ihren jeweiligen Anteil an der Situation. Sie sprechen ihren Ärger und ihre (unerfüllten) Erwartungen aus. Im Interesse des Gelingens des gemeinsamen Projekts einigen sie sich auf neue Vorgehensweisen und den Umgang mit schwierigen Situationen. Zum Schluss des Teambuildings haben die Beteiligten ein besseres Verständnis für das, was vorgefallen ist und ein gewisses Vertrauen in ihre Fähigkeit, die anstehenden Aufgaben bewältigen zu können.